Sonntag, 24.01.2021

Oberflächen und Alltagsgegenstände tragen nicht zur Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie bei

In Laienpresse, Internet, Rundfunk und Fernsehen erregte kürzlich eine Studie aus Australien Aufsehen. In der Fachzeitschrift Virology Journal (DOI: 10.1186/s12985-020-01418-7) berichten die Autoren, dass das SARS-CoV-2-Virus auf glatten, unbelebten Oberflächen wie Glas oder Geldscheinen bei 20ºC Raumtemperatur bis zu 28 Tage überleben und infektiös bleiben kann. Diese Aussage hat erhebliche Unruhe erzeugt, da viele Bürger nun befürchten, sich auf diesem Wege anstecken zu können.

Prof. Dr. Carsten Krüger, Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche am St. Franziskus Hospital Ahlen, nimmt zu den Studienergebnissen Stellung: „In den Medien wird leider nicht berücksichtigt, dass diese Studie unter Bedingungen durchgeführt wurde, die die Alltagsrealität in keiner Weise widerspiegeln. Damit ist die Aussagekraft der Studie extrem eingeschränkt.“ Die Autoren hielten in ihrem Laborversuch die ganze Zeit über Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit konstant – weit entfernt von der realen Situation. Zudem wurden zum Versuchsbeginn sehr hohe Viruskonzentrationen auf die Testflächen aufgetragen, so dass es in der Realität erforderlich wäre, direkt und absichtlich auf Gegenstände wie Banknoten oder Handyoberflächen zu husten bzw. zu niesen, um diese Konzentrationen zu erreichen.

Entscheidend für die eingeschränkte Übertragbarkeit der Studie auf den Alltag schätzt Prof. Krüger ebenso die Tatsache ein, dass die gesamte Studie in Dunkelheit durchgeführt wurde, um den Effekt von UV-Licht auf die Viruslebensspanne als Störfaktor auszuschließen. Es ist bekannt, dass UV-Licht die Überlebensdauer des SARS-CoV-2-Virus erheblich reduzieren kann. Im realen Leben wird der einzelne Bürger jedoch kaum mit Oberflächen in Kontakt kommen, die vier Wochen lang keinem Lichteinfall ausgesetzt sind.

Die Einschätzung, dass etwaig kontaminierte Oberflächen nicht zur Virusausbreitung beitragen, wird auch von Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geteilt. Diesem dem RKI vergleichbaren Institut sind keine Fälle bekannt, bei denen das Virus über unbelebte Oberflächen zwischen Personen übertragen wurde und somit zur Krankheitsausbreitung beigetragen hätte. Das BfR hält dazu unter dem Link https://www.bfr.bund.de/de/kann_das_neuartige_coronavirus_ueber_lebensmittel_und_gegenstaende_uebertragen_werden_-244062.html ausführliche Informationen bereit (Stand 17.11.2020).

Prof. Krüger: „Diese Studie trägt leider weiter zur allgemeinen Verunsicherung in der Bevölkerung bei und ist bei der Bewältigung der Pandemie nicht hilfreich.“ Er empfiehlt, im Alltag wie bisher auf die allgemeinen Hygieneregeln zu achten und sich nicht durch diese Versuchsergebnisse beunruhigen zu lassen.