Dienstag, 17.11.2020

Zweite Corona-Welle: St. Franziskus-Hospital in Bereitschaft

„Wir sind zu Taten bereit“, unterstützt der Ärztliche Direktor des St. Franziskus-Hospitals in Ahlen, Chefarzt Dr. Norbert-Wolfgang Müller, die Forderung von Bürgermeister Dr. Alexander Berger nach Errichtung einer Corona-Teststelle in der Wersestadt. Ihm falle es schwer zu verstehen, warum in Warendorf, einer Stadt mit niedrigeren 7-Tage-Inzidenz, ein solches Angebot geschaffen worden sei und nicht im wesentlich härter von Covid-19-Infektionen getroffenen Ahlen. „Eine Teststelle in Ahlen ist eine Maßnahme, die wichtig wäre“, wünscht sich Müller, der Kreis Warendorf möge seine Entscheidung noch einmal überdenken. Das Krankenhaus biete seine Unterstützung als Kooperationspartner an.

Dr. Alexander Berger im Gespräch mit Dr. Norbert-Wolfgang Müller und Anja Rapos.

Bürgermeister Berger traf jetzt im St. Franziskus-Hospital mit ärztlicher Leitung und Geschäftsführerin Anja Rapos zusammen, um vor dem anstehenden Winter die Zusammenarbeit von Krankenhaus und Stadt Ahlen abzustimmen. Grundsätzlich begrüßten Rapos und Müller die frühzeitig von der Stadt Ahlen ergriffenen Maßnahmen, um das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen. Die Zielgenauigkeit der Maskenpflicht im öffentlichen Raum sei wesentlich für ihre Akzeptanz in breiten Bevölkerungsschichten. „In der Innenstadt ist sie richtig, im Langstwald ergibt sie keinen Sinn“, so Müller, der fatalerweise das Verständnis für die Erforderlichkeit von Schutzmaßnahmen in Teilen der Bevölkerung schwinden sieht.

 

Für Fachleute sei die jetzt grassierende zweite Infektionswelle nicht überraschend gekommen. Dr. Norbert-Wolfgang Müller nennt drei Bausteine, aus denen sie sich zusammensetzt: „Da ist die saisonale Begünstigung von Infekten im nass-kalten Winterhalbjahr, der überwiegende Aufenthalt in geschlossenen Räumen, und der Umstand, dass manche Menschen die Schutzmaßnahmen satt haben.“ Wozu das führe, könne sich jeder ausmalen. Der Internist mit Schwerpunkt auf Lungenkrankheiten bleibt dennoch zuversichtlich: „Bis zum Frühjahr werden wir mit der Corona-Welle zu tun haben. Dann hoffe ich, dass wir durch eine mögliche Impfung und die dann wieder einkehrenden Sommermonate das Schlimmste überstanden haben werden.“  

 

Das sollte Menschen mit Krankheitssymptomen jedoch nicht davon abhalten, Arztpraxen oder das Krankenhaus aufzusuchen. Laut Müller mehrten sich Berichte, wonach ernsthafte Krankheiten zunehmend unbehandelt blieben, weil sich die Menschen aus Sorge vor Ansteckungen nicht in Kliniken trauten. „Das ist aber falsch“, so der Ärztliche Direktor. Richtig sei das Gegenteil. „Hier gibt es Hygiene wie woanders nicht.“ Unbegründete Befürchtungen vor Covid-19-Infektionen dürften nicht dazu führen, dass gefährlichere Krankheiten unentdeckt bleiben. Außerdem legt er allen Menschen ans Herz, sich gegen die Grippe impfen zu lassen. Weitgehend unklar sei nämlich, was passieren würde im Falle von Doppelinfektionen.

 

Zur Abklärung von Verdachtsfällen und die Behandlung von Corona-Erkrankten hält das St. Franziskus-Hospital Ahlen einen Stationsbereich mit bis zu 18 Isolierplätzen vor. „Das sind die Betten, die wir aus dem laufenden Betrieb bedienen können“, so Anja Rapos. Anders als im Sommer seien unter den Verdachtsfällen „signifikant mehr positiv Getestete.“ Mit der Situation komme das Krankenhaus „im Moment“ zurecht, beschied die Geschäftsführerin dem Bürgermeister. Stiege der Bedarf tagesaktuell, müssten Kräfte aus anderen Bereichen abgezogen werden. Auch wirtschaftlich strapaziere die Lage das Krankenhaus. „Machen wir aus einem Drei-Bett-Zimmer ein weiteres Isolierzimmer, fallen zwei Betten und damit potenziell zwei Behandlungsfälle weg“, machte die Geschäftsführerin eine einfache Rechnung auf. Immerhin seien Ausgleichspauschalen politisch zumindest im Gespräch, um die Verluste zu dämpfen. Der Stadt Ahlen dankte Rapos für Mittel aus dem Kommunalinvestitions-Fördergesetz. Mit diesem Kommunalfond werden die bereits im März organisierten getrennten Zuwegungen für Patienten mit und ohne Infektionssymptomen im Bereich der Notaufnahme jetzt baulich und räumlich optimiert.  

 

Bürgermeister Berger dankte allen im St. Franziskus-Hospital beschäftigten ärztlichen und pflegerischen Kräften für ihr unvermindert hohes Engagement. „Die Pandemie führt uns allen vor Augen, wie wichtig es ist, auch außerhalb der großen Stadtzentren gut ausgestattete Krankenhäuser in der Fläche zu haben.“ Eine Absage erteilte er allen Plänen, nach Überwindung der Krise zurückzufallen in Diskussionen über den Bettenabbau kleiner und mittlerer Krankenhäuser. „Wäre dieser Schnitt schon vollzogen gewesen, wären wir in Deutschland mutmaßlich weniger glimpflich durch die letzten Monate gekommen“, rät Ahlens Bürgermeister Gesundheitspolitikern in Bund und Land den Blick über die Landesgrenzen. Der guten Infrastruktur bei uns hätten nicht wenige Erkrankte ihr Leben zu verdanken.