Montag, 11.04.2011

St. Franziskus-Hospital macht auf Chirurgenmangel in Deutschland aufmerksam

Bei strahlend blauem Himmel und Sonnenschein starteten am St. Franziskus-Hospital Ahlen 750 Luftballons, an die keine Antwortkarte zu einem Gewinnspiel, sondern eine Stellenanzeige geknüpft war. „Zur Erweiterung unseres Teams in der Abteilung Chirurgie I und II suchen wir eine/einen Assistenzärztin/arzt“ heißt es in der Stellenausschreibung.

Mit einer „Luftballon-Aktion“ wollte das St. Franziskus-Hospital Ahlen auf den bestehenden Mangel an Assistenzärztinnen und -ärzten hinweisen.

Mit der vom Chefarzt Dr. Frank Klammer, Chefarzt der Klinik für Allg.-, Visceral- und Thoraxchirurgie des St. Franziskus-Hospital, initiierten  „Luftballon-Aktion“ sollte erneut auf die dramatische Situation der Chirurgie in Deutschland aufmerksam gemacht werden.  

„Die Ausbildung und Betreuung der Studenten im Land ist von entscheidender Bedeutung.  Mit Beginn des Medizinstudiums in Deutschland gehört die Chirurgie zu den attraktivsten Fächern. Am Ende des Studiums wählen nur noch knapp 5-10 % der Berufsanfänger ein chirurgisches Fach“, so der engagierte Chefarzt. Die derzeitige Arbeitsstruktur der Chirurgen in deutschen Krankenhäusern wird von den Berufsanfängern, die gleich hohe Ansprüche an den Beruf und an die Familie und Freizeit  haben, nicht mehr akzeptiert. In seinen Augen ist die gute Verknüpfung von Beruf und Freizeit eine politische Aufgabe. „Die Verbesserung der Ausbildung und Betreuung der Berufsanfänger ist jedoch ein wesentliches Anliegen der Chirurgen des St. Franziskus-Hospitals“, so Dr. Klammer. Seit Jahren kämpfen die Mediziner des Krankenhauses um den Status eines Akademischen Lehrkrankenhauses, um von Anfang an an der studentischen Ausbildung beteiligt zu sein. Die vielfältige fachliche Qualifikation in den angebotenen Disziplinen im Hospital ist längst gegeben, im St. Franziskus-Hospital in Ahlen wird eine qualifizierte Ausbildung angeboten und gelebt.  

„Bereits in den 60er Jahren haben wir diese Situation erlebt. Gut 50 Jahre später steckt die deutsche Chirurgie erneut in einer erheblichen Nachwuchskrise. Aktiv tätige Chirurgen werden immer älter, zu wenig Junge folgen. Es ist davon auszugehen, dass rund ein Drittel der derzeit tätigen Chirurgen in Deutschland in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen. Damit sind mit einigen zehntausend offenen Arztstellen im Jahre 2020 zu rechnen“, gab Dr. Klammer zu bedenken. Will man diese entstehende Lücke durch entsprechende Fachärzte ersetzen, benötigt man jährlich rund 1200 Berufsanfänger allein in der Chirurgie, die im Idealfall nach der Ausbildungszeit ihren Facharztstatus erwerben. Wir können jedoch zur zeit, nach Angabe des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen, davon ausgehen, dass maximal 400 bis 600 Berufsanfänger das Fachgebiet der Chirurgie erlernen wollen. Hierbei ist über die Zeit die Abbrecherquote noch überhaupt nicht berücksichtigt. „Der „gefühlte“ Chirurgenmangel ist längst zu einem manifesten Chirurgenmangel geworden“, betonte er.  

Seit einiger Zeit werden bereits Alternativmodelle diskutiert und praktiziert. In zunehmendem Maße werden ärztliche Tätigkeiten bundesweit an nicht ärztliches Personal delegiert. Die Verantwortung bleibt jedoch bei dem Arzt. Deutsche Krankenhäuser werben seit Jahren Fachkräfte aus dem Ausland an. Deutschland ist jedoch schon lange nicht mehr für ausländische Ärzte attraktiv. Die Forderung nach einer qualifizierten Zuwanderung als Antwort auf den Ärztemangel in Deutschland ist nach Meinung von Dr. Klammer, ein nur unzureichender Weg.

„Um zu vermeiden, dass spätestens 2030 eine flächendeckende, qualifizierte chirurgische Versorgung in Deutschland nicht mehr gegeben ist, möchten wir einen Beitrag leisten“, so Dr. Klammer.