Montag, 08.11.2021

Keine Betten für kranke Kinder- drohender Kollaps in den Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin/Kinderchirurgie in Deutschland - auch Ahlener Kinder- und Jungendklinik am St. Franziskus-Hospital betroffen

Den Kinderkliniken in Nordrhein-Westfalen steht das Wasser bis zum Hals,“ warnte schon vor einer Woche der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL). Der Grund sei unter anderem die durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eingeführte Pflegepersonaluntergrenzen Verordnung (PpUGV) auch in der stationären Kinder- und Jugendmedizin.

Diese soll eigentlich die Qualität in der Versorgung der Pflege sicherstellen und zugleich das Pflegepersonal entlasten. Bei einem generellen Mangel an Pflegekräften, nicht nur in der Pädiatrie, führt die PpUGV jedoch keineswegs zu einer Verbesserung der Versorgung, sondern im Gegenteil: die Mangelsituation wird vielmehr verschärft.

„Den Ansatz begrüßen wir im Prinzip, denn die Pflegekräfte sind nicht nur in der Kinder-und Jugendklinik am Limit. Aktuell bitten wir jedoch um die Aussetzung der PpUGV, sonst droht uns wie zahlreichen Nachbarkliniken der Kollaps,“ so der Chefarzt der Kinder- und Jugendklinik am St. Franziskus-Hospital Ahlen PD Dr. med. Carsten Krüger.

„Aufgrund der derzeitigen Infektionswelle bei den Säuglingen und kleinen Kindern, u.a. mit dem RS-Virus, steht uns bald die Handlungsunfähigkeit in Ahlen und vielen anderen Kinderkliniken in Deutschland bevor. Viele sehr kranke Kinder müssen aktuell stationär aufgenommen und auf der Intensivstation, teils mit Beatmung, behandelt werden. Dies trifft mit einer in dieser Situation kontraproduktiven PpUGV zusammen,“ beschreibt Krüger den akuten Zustand der einzigen Kinderklinik im Kreis und forderte bereits letzte Woche die Mitglieder des Land- und Bundestages aus dem Kreis Warendorf dazu auf, sich bei der Landesregierung und beim Bundesgesundheitsministerium in Berlin dafür einzusetzen, die PpUGV in der Kinder- und Jugendmedizin sofort und für die Wintermonate aufzuheben. „Jedes Bett, jede Pflegekraft, jede Kinderärztin bzw. jeder Kinderarzt wird in dieser Situation benötigt: das sind wir unseren Kindern schuldig.“

Der Verband Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen Deutschlands (VLKKD) geht aktuell davon aus, dass nur 25 % der Kinderkliniken in Deutschland in der Lage sind, die PpUGV einzuhalten. Bei Nichteinhaltung drohen den Krankenhäusern hohe Strafzahlungen an die Krankenkassen. Auch der VLKKD hatte bereits mehrfach das Bundesministerium für Gesundheit auf die drohenden Versorgungslücken von kranken Kindern hingewiesen und eine Aussetzung der PpUGV über die Wintermonate gefordert. Was während der Coronavirus-Pandemie in der Erwachsenenmedizin möglich war, sollte auch für die Kinder und Jugendlichen gelten.