Sonntag, 24.01.2021

Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sollen während der SARS-CoV-2-Pandemie Kitas und Schulen besuchen und Ausbildung und Studium fortsetzen können

Von Mitte März bis Mitte Mai 2020 waren die Schulen und Kitas in Deutschland geschlossen, um die Übertragung des SARS-CoV-2-Virus innerhalb dieser Altersgruppe, aber viel mehr noch auf Erwachsene zu minimieren. Partielle Schul- und Kita-Schließungen, teils kombiniert mit Hybrid-Unterricht, dauerten bis in den Sommer an. Universitäten und Hochschulen stellten ihre Lehre fast ausschließlich auf Online-Unterricht um. Viele Bildungseinrichtungen befinden sich immer noch in diesem Modus.

Weltweit wurde ähnlich verfahren. Während eines ersten Höhepunktes der Pandemie im April 2020 konnten 84,5% aller Schüler (1,48 Milliarden) in 166 Ländern nicht die Schule besuchen. Bildungswissenschaftler, UNICEF und andere Organisationen warnen mittlerweile vor einer verlorenen Generation, zumal viele Kinder in ärmeren Gesellschaften gar nicht mehr in die Schulen zurückkehren werden.

Seither ist eine kontroverse Debatte darüber entstanden, ob die Schließung der Bildungseinrichtungen einen Effekt auf die Ausbreitung der Pandemie gehabt hat oder nicht und ob die Nachteile, die Kinder und Familien in Kauf nehmen mussten, durch die Effekte auf die Pandemie gerechtfertigt sind. Prof. Dr. Carsten Krüger, Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche am St. Franziskus Hospital Ahlen, sagt dazu: „Aus meiner Sicht und der vieler Experten müssen wir das Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen in das Zentrum unserer Überlegungen stellen und dürfen ihre Bildungschancen nicht ohne sehr gewichtige Gründe beschneiden“.

Der Kontroverse zugrunde liegt die Frage, ob Kinder und Jugendliche die Infektion ebenso übertragen wie Erwachsene. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen können dies Kinder und Jugendliche in der Tat: je älter sie sind, desto eher. Dennoch scheinen besonders Kinder unter 14 Jahren kaum zum Infektionsgeschehen beizutragen, wie jüngst in einer Studie aus Frankfurt am Main gezeigt wurde (Dtsch Arztebl 2020; 117(51-52): A-2505 / B-2111). Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine umfassende Analyse des European Centre for Disease Control and Prevention (https://www.ecdc.europa.eu/en/publications-data/children-and-school-settings-covid-19-transmission).

Selbstverständlich gibt es Berichte aus verschiedenen Ländern, dass es auch zu großen Ausbrüchen in Schulen kommen kann: so z.B. aus Israel, den USA und auch Deutschland. Dies scheinen jedoch eher isolierte Ausbrüche zu sein. In den meisten Fällen sind nur einzelne Kinder erkrankt, die sich oft zuhause oder bei anderen Erwachsenen anstecken. Die Übertragung in Richtung Erwachsene findet deutlich seltener statt.

Daher fordern verschiedene Verbände der Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland, Schulen und Kitas so lange wie möglich offen zu lassen und die Kinder vor Ort in Präsenz zu unterrichten (z.B. www.dakj.de/pressemitteilungen/erweiterte-presseinformation-lasst-die-schulen-offen-mit-der-dgkh/).

Dazu Prof. Krüger: „Von außen in die Einrichtung hinein getragene Infektionen können naturgemäß nicht gänzlich verhindert, aber doch eingegrenzt werden. Kinder und Jugendliche können in den Schulen hygienisch korrektes Verhalten verstehen und einüben und dieses dann für ihre Umgebung einschließlich der Erwachsenen als Vorbild praktizieren.

Kontaktbeschränkungen auf „einen Freund“ / „eine Freundin“ außerhalb der Kita oder Schule bei Kindern unter 10 Jahren, wie von politischen Gremien jüngst vorgeschlagen, sind für das Wohlbefinden der Kinder kontraproduktiv und haben einen kaum nachweisbaren Einfluss auf das Infektionsgeschehen.