Mittwoch, 07.09.2022

Vortragsabend rund um die Erkrankung Parkinson zog viele Interessierte ins St. Franziskus-Hospital Ahlen

Im Rahmen der Bundesweiten Aktionswoche Selbsthilfe 2022 fand am Dienstagabend (06.09.2022) der zweite Vortragsabend zur Erkrankung von Morbus Parkinson statt. Rund sechzig Interessierte sind der Einladung zu dem Vortrag ins St. Franziskus-Hospital Ahlen gefolgt.

(v.l.n.r.) Lena Holtschulte, Kontaktbüro der Pflegeselbsthilfe Ahlen, Sabine Tenambergen, der Paritätische NRW Selbsthilfe-Kontaktstelle Kreis Warendorf, Dr. Mohammed Jaber und Dr. Thomas Fortmann

„Herzlich willkommen,“ begrüßte Sabine Tenambergen von Der Paritätische - Selbsthilfe Kontaktstelle Kreis Warendorf zusammen mit Lena Holtschulte vom Kontaktbüro der Pflegeselbsthilfestelle Ahlen die Interessierten in der Cafeteria. Sie stellten die Möglichkeiten und Vorteile der Selbsthilfegruppen im Kreis Warendorf vor und wiesen auf die positiven Angebote der einzelnen Selbsthilfegruppen hin (selbsthilfe-warendorf.de, pflegeselbsthilfe.de).

Im Anschluss übernahm Dr. Mohammed Jaber, Chefarzt der Neurologie im St. Franziskus-Hospital Ahlen das Wort und klärte in seinem Vortrag rund die Symptomatik von Parkinson, der neurodegenerativen Erkrankung, auf: „Morbus Parkinson ist die zweithäufigste Erkrankung mit einer deutlich höheren Dunkelziffer. Ich freue mich darüber, dass so viele Selbsthilfegruppen heute hier sind. Es ist unglaublich hilfreich, dass sich so viele in Selbsthilfegruppen organisiert haben. Das ist eine große Unterstützung für Patienten:innen und Angehörige hinsichtlich der Erkrankung Parkinson.“

Es sei teilweise schwierig die Krankheit als Patient zu diagnostizieren, weil diese sich vielseitig zeige. Bei einigen sei eine depressive Verstimmung erkennbar, sowie Alpträume, Zurückgezogenheit, Koordinierungsschwierigkeiten in der Motorik, bei anderen ist das starke Zittern oder gar Steifheit das Problem. Die Diagnostik lässt sich nur klinisch herleiten so Herr Dr. Jaber weiter. Das Neurologische Kompetenzzentrum mit seinem Herzstück, der Neurologie in Ahlen, sei gut aufgestellt und arbeitet mit dem St. Elisabeth-Hospital Beckum und der St. Barbaraklinik in Hamm Hessen eng zusammen. Rund hundert Parkinson Patienten werden hier im Jahr behandelt.

„Grund dafür, dass ein bestimmtes Hirnareal (die Substantia nigra), ihre Funktion reduziert oder gar ganz einstellt, liegt am Dopaminmangel. Dieser Botenstoff wirkt auf bestimmte Hirngebiete und steuert so die Muskelfunktion und damit die Bewegungen. Das Dopamin ist wichtig für alle Bewegungsabläufe. Dopamin ist auch das Glückshormon. Therapieziel für uns ist immer der Erhalt/Steigerung der Lebensqualität,“ erklärt der Chefarzt weiter. Es gibt drei wichtige Bausteine: Die Einnahme von Medikamenten, Sport und Selbsthilfegruppen seien eine gute Unterstützung. Im Anschluss nahm sich der Chefarzt der Neurologie Zeit für die Fragen.

Die Tiefe Hirnstiumlation („deep brain stimulation“/DBS) mit stereotaktisch geführter Implantation von Elektroden stellt seit Jahren eine etablierte Behandlung der Parkinson-Erkrankung dar, da sie die motorischen Symptome der Erkrankung verbessern kann. Stimuliert wird dabei ein Kerngebiet im Zwischenhirn, der sogenannte Nucleus subthalamicus. Dieser Eingriff wird in der Klinik für Neurochirurgie in Hamm-Heessen durchgeführt. Dr. Thomas Fortmann, leitender Oberarzt der der Klinik für Neurochirurgie der St. Barbaraklinik in Hamm-Heessen, erklärte in seinem Vortrag die Indikationen zur Tiefen Hirnstimulation. „Je früher die Indikation zur tiefen Hirnstimulation gestellt wird, um so frühzeitiger können Patienten Medikamente einsparen. Dieser neurochirurgische Eingriff ist inzwischen risikoarm durchführbar und zeigt auch auf lange Sicht, nur wenige Nebeneffekte, insbesondere im Vergleich mit der gängigen Parkinsonmedikation. Das wurde durch viele Studien bestätigt und deckt sich auch mit unserer Erfahrung. Je länger man Parkinson hat, desto mehr Nebeneffekte treten auf. Unser Ziel ist die Lebensqualität zu erhalten. Wenn ein Patient so eingeschränkt ist, dass er sich nicht raus traut, dann könnte der Zeitpunkt für das Einsetzen eines Hirnstimulationsgerätes gekommen sein.“

Er zeigte live vor dem Publikum wie ein eingesetzter Stimulator wirkt. Sein ehemaliger Patient Stefan Ebber wurde vor längerer Zeit ein Hirnstimulator eingesetzt. Wenn der Stimulator eingeschaltet ist, war er in der Lage zu reden und motorisch sich normal zu bewegen, währenddessen beim Ausschalten des Gerätes motorische Störungen und Sprachschwierigkeiten sofort wahrnehmbar waren. Aber auch der Parkinsonschrittmacher lasse in seiner Wirkung nach und müsste nachjustiert werden.

Allen Parkinsonpatienten mit Hirnstimulation konnte in Studien nachgewiesen werden, dass sich in allen Lebensbereichen eine höhere Lebensqualität eingestellt hatte. Nur bei drei Prozent sei es zu Wundheilungsstörungen gekommen. Die Komplikationsrate sei niedrig. Im Anschluss beantworte Herr Dr. Fortmann auch Fragen und Antworten.

Zum Ende stellte sich noch die Selbsthilfegruppe Parkinson aus Telgte vor, die Anregungen und sportliche Übungen mit auf dem Weg gaben.